Charlie Fillions Wohnung

das Eingangsposting lautete :

Eine moderne, offene Wohnung, eher stadtmittig. Zwar verdient der 19-Jährige nicht allzu viel, bekommt aber monatlich einen Zuschuss seiner Eltern, weshalb er sich eine solche Wohungssituation leisten kann, ausserdem ist es nicht allzu groß. Außer ihm wohnt hier nur noch seine Katze.

Charlie erwiederte den kurzen Kuss und grinste anschließend, auch wenn Thalia's Frage ihn kurz nachdenken ließ. Dass er den Ärzten gar keine Chance gegeben hatte, ihm irgendetwas mitzugeben beziehungsweise überhaupt noch etwas zu sagen, musste er Thalia ja nicht direkt so sagen, immerhin hatte er ihr schon genug Sorgen bereitet und auch Naya machte sich eine Menge Sorgen, also reichte das vorerst. Zur Antwort zuckte er knapp mit der Schulter, starrte auf sein Bein, während Thalia sich neben ihn setzte. Er spürte ihren Blick, also setzte er wieder sein Grinsen auf und sah ebenfalls in ihre dunklen Augen. "Geht auch so. Und wenn ich irgendwas brauche werd ich mir das schon beschaffen können, keine Sorge." meinte er schließlich mit einem Zwinkern. Natürlich ging er noch davon aus, nach wie vor ungehindert überall hinzukommen, was in einiger Zeit wohl wieder der Fall sein würde, momentan wäre es allerdings besser er würde nicht so optimistisch sein. Doch voraus denkend war Charlie noch nie gewesen. Thalia's nächstes Angebot brachte ihn leicht zum schmunzeln. "Das hättest du tun können, wenn ich was zuhause hätte." Er lachte kurz, bevor er ihr einen knappen Kuss auf die Stirn drückte und anschließend den Kopf schüttelte. Da er selbst nicht kochen konnte, hatte er meistens keine Kochutensilien zuhause, immerhin würde ihm sowieso alles anbrennen und Mittens in Gefahr zu bringen kam nicht in Frage. Ausserdem roch nach so einer Aktion die Wohnung tagelang nach Rauch, was auch alles andere als angenehm war. Als wäre ihm langweilig tippte er mit dem Fuß des unverletzten Beines auf dem Boden, wie immer aus Nervosität, machte aber gleichzeitig einen entspannten und lockeren Eindruck. Das einzige, was er wohl nie vergessen würde war es, Katzenfutter zu kaufen. Den Blick wieder auf Thalia gerichtet runzelte er leicht die Stirn. "Hast du eine Ahnung wer noch... sonst noch getroffen wurde?" fragte er etwas ernster und legte den Arm wie üblich auf die Rückenlehne der Couch.

Thalia sah ihn leicht skeptisch an. War er wirklich so zuversichtlich? "Okay, aber du meldest dich wenn du was brauchst", gab sie sich zufrieden und lächelte dann. Es war seltsam, wie vorsichtig sie sich plötzlich verhielt, um ihn bloß nicht anzustoßen oder sonst wie Schmerzen verursachen zu können. Mal wieder nutzte sie die Gelegenheit sich um jemanden zu sorgen und sich nicht Gedanken um sich selbst zu machen und nicht ihre eigenen Probleme zu konfrontieren. Mit der rechten Hand fuhr sie ihm liebevoll durch die Haare und seufzte dann. Wie war sie bloß in das alles hineingeraten? Die Gang, die Beziehung zu Charlie. Es war so viel Veränderung auf einmal, dass sie nicht sagen konnte ob sie es gut fand oder nicht. Eine gute Ablenkung war es allemal, aber auch irritierend. Vielleicht sollte sie mal ihre Mutter besuchen gehen, obwohl das wäre ziemlich dumm. Was würde sie da schon tun. Sie schüttelte den Kopf und riss sich selbst aus ihren Gedanken. Im Moment war es viel wichtiger, dass es Charlie gut ging. "Okay, dann koche ich halt nichts, aber hast du Hunger? Ich kann ja was bestellen. Oder brauchst du sonst noch was?" Es musste doch irgendetwas geben, dass Charlie brauchte.

"Klar." gab Charlie zurück und lachte leise, als sie ihm durch die Haare fuhr. Natürlich merkte er, wie vorsichtig Thalia ihn behandelte, sagte jedoch nichts. Sie würde schon noch merken, dass es ihm gut ging und dass er es eigentlich nicht mochte, in irgendeiner Weise bemitleidet zu werden. Als Thalia einige Herzschläge lang schwieg, ließ er den Blick durch das Wohnzimmer gleiten und fixierte Mittens, die demonstrativ den Blick abwand, woraufhin Charlie minimal den Kopf schief legte, kurz darauf aber auch schon von Thalia aus den Gedanken gerissen wurde. "Quatsch. Aber wie gesagt, ich bin nicht ans Bett gefesselt und kann nichts mehr machen, also wirklich keine Sorge." meinte er etwas überzeugender, bevor er leicht die Nase rümpfte. Das einzige, was ihn momentan störte war, dass er nicht einfach nach draussen oder in die Stadt gehen konnte, aber irgendwie würde er sich bestimmt ablenken können. Nach einem Moment des Überlegens ließ er den Arm von der Armlehne gleiten und drückte sich von der Couch hoch. Still sitzen konnte er nunmal nicht, das hieß er musste sich wohl oder übel irgendwie sonst bewegen. Ein paar Sekunden lang hielt er sich noch an der Couch fest, bevor er sein Gleichgewicht gefunden hatte und in die Küche ging. Er öffnete den Kühlschrank, nahm eine Flasche Bier heraus und hielt sich an der Kühlschranktür fest, den Blick auf Thalia gerichtet. "Auch eins?"

Thalia war immer noch nicht ganz überzeugt. Ihrer Meinung nach war er ans Bett gefesselt oder wenigstens an die Couch. Es machte wenig Sinn wenn er sich jetzt überanstrengte und so die Heilung verlangsamte, aber es machte ebenso wenig Sinn Charlie zu sagen, dass er gefälligst sitzen oder liegenbleiben sollte, da es nur zu seinem eigenen Wohl war. Etwas amüsiert war Thalia trotzdem darüber, dass er noch immer so selbstständig sein wollte. Sie sollte ihrem Krankenpfleger von Freund mal beibringen wie es war sich pflegen zu lassen, obwohl sie stark bezweifelte, dass er sich pflegen ließ. Dafür war er wirklich zu gerne auf den Beinen. Sie seufzte lächelnd als sie mit ansah, wie er aufstand und sich etwas schwerfälliger als normal zum Kühlschrank hinbewegte. Aber bevor sie sagen konnte, dass sie das nicht wirklich für eine gute Idee hielt, dass er jetzt durchs Haus lief, bot er ihr ein Bier an und nickte. "Gerne, aber das hätte ich auch machen können. Bleib doch einfach mal sitzen", sagte sie lachend und stand auf um zu ihm hinzugehen. "Ich denke wir sollten Rollen tauschen. Jetzt bin ich mal Krankenpflegerin und passe auf dich auf bis du wieder gesund bist." Sie hatte jedoch keine große Hoffnung, dass Charlie dieses Angebot annehmen würde. Vielleicht war er Elijah ja gar nicht so unähnlich.

Von Thalia's Gedanken bekam Charlie nichts mit, allerdings konnte er sich denken, dass es seiner Freundin etwas gegen den Strich ging, wenn er sich nicht helfen ließ. Er war Krankenpfleger, eigentlich müsste er wissen, dass man in solchen Situationen besser ruhen sollte und was geschah, wenn man es nicht tat, doch diese Zeit zu verlieren, in der er so viel hätte machen können, sah er nicht wirklich ein. Gesundheit hin oder her. Er nahm eine weitere Flasche aus dem Kühlschrank, starrte aber noch ein paar Herzschläge lang einfach hinein, wahrscheinlich um sich länger an der Tür festhalten zu können, ohne gleich schwach oder müde zu wirken. Erst, als Thalia zu ihm kam, ließ er die Tür zufallen und grinste sie an. "Ich lass mich doch liebend gerne von dir verarzten." Weiterhin grinsend drückte er ihr einen knappen Kuss auf die Lippen, bevor er den Kopf leicht schüttelte. Thalia konnte es versuchen, doch er wusste genau, dass er weder ihre, noch Naya's Hilfe annehmen würde, wenn er die Dinge noch selbst erledigen konnte. Auch, wenn das vermutlich zeitaufwendiger war, aber jemand, der sich einfach rundum versorgen ließ, war er nicht, nicht bei nur einem Schuss. "Aber das musst du nicht, faul bin ich wirklich nicht." Er zögerte einen Moment und sah zur Seite, während er leicht mit den Schultern zuckte. "Zumindest in solchen Sachen nicht. Außerdem, wer soll sich denn um Mittens kümmern wenn ich die ganze Zeit rumsitze?" fügte Charlie noch hinzu und runzelte leicht die Stirn, als wäre dieser Gedanke völlig abwegig. War er ja auch irgendwie. Bis jetzt gab es ja noch niemanden, den Mittens richtig leiden konnte, also konnte sonst auch niemand auf die getigerte Katze aufpassen und sie einsammeln. Vielleicht Naya, immerhin kannte Mittens Naya lange genug, doch selbst das war nicht wirklich eine gute Idee. Leicht und bemüht unauffällig verlagerte er das Gewicht auf sein unverletztes Bein, den Blick der eher hellbraunen Augen zurück in Thalia's dunkelbraune Augen gerichtet.

Thalia schüttelte wieder leicht den Kopf und sah ihn skeptisch, aber mit leuchtenden Augen an. Dann legte sie ihm die Arme sanft in den Nacken und sah ihm tief in die Augen. Sie wollte ihm keinesfalls unterstellen faul zu sein, im Gegenteil. Sie lachte und sagte: "Das hat doch rein gar nichts mit Faulheit zu tun. Du sollst einfach wieder so schnell wie möglich gesund werden." Es war wirklich eine ungewohnte Situation. Und sie wusste um ehrlich zu sein, auch nicht wirklich was sie von dem ganzen halten sollte oder wie sie damit umzugehen hatte. Aber sie konnte sich auch nicht für Charlie verantwortlich machen. Das konnte er selbst. Außerdem hatte Thalia selbst genug Dinge um die sie sich zu kümmern hatte. Aber, dass Charlies größte Sorge mal wieder Mittens galt, war weder zu überhören, noch sonderlich verwunderlich. Typisch, dass ihn seine Katze mehr sorgte als seine Schussverletzung. "Mittens ist eine Katze, Honey, kein Baby. Es reicht ja wohl wenn du sie fütterst und ihr Wasser gibst, oder? Du musst sie ja nicht im Kinderwagen durch New York kutschieren oder ihr Schlaflieder singen." Das hoffte Thalia jedenfalls, denn was Charlie mit Mittens wirklich anstellte konnte sie nicht mit Gewissheit sagen. Und vermutlich wollte sie es auch gar nicht so genau wissen..

Charlie legte beide Hände auf ihre Hüfte, bemüht darum, nicht zu viel Gewicht auf sie zu verlagern, auch wenn ihm das natürlich schwerer fiel als sonst. Auf ihre Worte hin, die sie anscheinend wirklich ernst meinte, zuckte er leicht mit den Schultern. Natürlich war ihm klar, dass er den Heilungsprozess durch die ständige Rumzappelei nurnoch verlangsamte, aber er musste sich einfach bewegen. Und damit tat er so gesehen ja niemandem ausser sich selbst in irgendeiner Weise weh. Ihre nächste Bemerkung brachte ihn leicht zum schmunzeln. "Ich hatte niemals vor sie... Herumzukutschieren." antwortete er und runzelte die Stirn. Zwar trug er Mittens nicht wirklich selten mit sich herum, aber an soetwas bizarres hatte er dann doch noch nicht gedacht. Nicht direkt. "Was du von mir denkst." Er grinste, während sein Blick zurück zu Thalia schnellte. Kurz bewegte er sich wieder etwas, die Hände weiterhin an ihrer Hüfte, jedoch spannte er kurz darauf schon die Schultern an und verzog leicht das Gesicht. "Accidenti." stieß er mit einer Art Knurren in der Stimme aus, was aber eher nieder geschlagen als wirklich genervt klang. Er schloss kurz die Augen und ließ den Kopf hängen, bevor er die Luft ausstieß. "Sorry." Er öffnete die Augen wieder, den Blick weiterhin auf den Boden gerichtet. Zwar gefiel es ihm nicht ganz, gerade jetzt die Schmerzen zu spüren, immerhin stand Thalia unmittelbar vor ihm und hatte so freie Sicht auf seine Augen, die wie immer alles verrieten, jedoch glaubte er, dass sie es besser verkraften konnte, als Naya es hätte können. Immerhin gab Naya sich die Schuld daran, während Thalia sich einfach sorgte - was ja schon mehr als genug war.

"Oh, ich denke eine Menge von dir, dabei kannst du dir sicher sein", sagte Thalia neckisch und drückte ihrem Freund einen Kuss auf die Nase. Sie merkte, dass er etwas mehr als sonst sein Gewicht auf sie verlagerte, was sie nicht im Geringsten störte, aber sie fand es eigentlich ziemlich gut, denn es gab ihr das Gefühl ihm wenigstens irgendwie helfen zu können. Als er dann jedoch das Gesicht verzog und anscheinend doch Schmerzen bekam machte sie sich schon wieder Sorgen. "Hey...", sagte sie sanft und legte eine Hand an sein Gesicht. "Alles okay? Am besten legst du dich jetzt hin." Sie hätte ihn nicht durch die Wohnung laufen lassen sollen. Sie wettete, dass es auch vom Arzt angewiesen war, dass er sich hinlegte. Kurzerhand drehte sie sich zur Couch und machte Anstalten ihm rüber zu helfen. "Sicher, dass ich nicht noch zur Apotheke rennen soll. Du hast doch bestimmt noch irgendwo eine Rezept für Schmerzmittel, hab ich recht?" Obwohl Thalia darauf keinen Eid schwören würde, denn wie sie Charlie kannte, hatte er sich bestimmt schon aus dem Staub gemacht, bevor der Arzt ihm überhaupt Anweisungen für die Heilung hätte geben können.

Charlie spürte Thalia's schmale Hand an seinem Gesicht, hob den Blick jedoch noch nicht. Er konnte hören, wie besorgt sich ihre Stimme anhörte, was er ihr nicht verübeln konnte, immerhin war es momentan keine allzu gute Situation, weder für ihn, noch für Thalia. "Nein. Schon okay." meinte er schließlich und setzte ein Grinsen auf, das zwar etwas getrübt war, trotzdem jedoch nicht ganz gestellt war. Als die Dunkelhaarige sich in Richtung Couch bewegte zuckte er mit dem Mundwinkel und sah sie an, ehe er selbst sich leicht, wirklich ganz leicht an ihr abstütze und zur Couch hinüber humpelte. Und diesmal nannte er es humpeln, da er sich wirklich anstrengen musste. "Ich hab kein Rezept." gab er zu und hob den Blick, die Hände hatte er zusammengefaltet auf seinem Schoss liegen. Natürlich war er verschwunden, bevor der Arzt überhaupt etwas hatte sagen können, doch so war er eben und einige - wenn auch wenige Dinge - hatte er sich von seiner Ausbildung dann doch gemerkt. Auch wenn er es sich nicht zu Herzen nahm, was besser und was schlechter wäre. Und das was er tat, war definitiv schlechter für eine schnelle Heilung. Er kratzte sich am Hinterkopf, bevor er Thalia leicht musterte. Er wäre an Schmerzmittel gekommen, wenn er welche haben wollte, immerhin war er Head der 13th Street Gang und noch dazu in ihrem Gebiet, also wären Schmerzmittel das geringste Problem, allerdings sah er jetzt noch keinen Bedarf darin. Und sicher würde Naya noch besorgter sein, wenn er versuchte, die Schmerzen mit Medikamenten zu übertönen. Und auch Thalia wollte er nicht wirklich verraten, wieviele Schmerzen er hatte. Es war ertragbar, soviel war klar. Er bedeutete Thalia mit einer knappen Geste, sich zu ihm zu setzen, dann schnaubte er. Er beobachtete kurz Mittens, die durch das Wohnzimmer in die Küche lief und dort um die Ecke aus seinem Sichtfeld stolzierte. Normalerweise wäre er sie jetzt einsammeln gegangen, doch Thalia zuliebe verzichtete er darauf. Auch wenn ihm das nicht so ganz gefiel. "Ewig werd ich mich aber sicherlich nicht schonen, ich hoffe das ist dir klar." meinte er noch, zwinkerte ihr zu und schwächte seine Aussage so etwas ab.

[Timejump]

Irgendwie war es Charlie insgeheim klar gewesen, dass er sich so entscheiden würde. Nicht, dass er Thalia nicht liebte, denn die Beziehung war immer erster geworden und er fing gerade an, wirklich etwas für sie zu empfinden, doch genau das war es, was ihm Sorgen bereitete; Er war eben niemand, der lange an etwas festhalten konnte, wenn es nicht Mittens war. Auch bei Naya war das etwas anderes, auch wenn er einfach nicht erklären konnte, was. Trotzdem, die einst lockere Beziehung zu Thalia hatte sich zu einer wirklichen Beziehung mit echten Gefühlen entwickelt und das setzte ihn unter Druck und machte ihm gewissermaßen Angst. Bindung eben, und er selbst empfand nichts als Bindungsangst. Er konnte nicht sagen, ob Thalia gemerkt hatte, dass er in letzter Zeit etwas abweisender gewesen war, jedoch glaubte er es wirklich. Wobei, bestimmt hätte sie das angesprochen, denn normalerweise war sie doch niemand, der Dinge einfach unterschluckte. Seine Gedanken waren momentan zu aufgewühlt und durcheinander, als das er sich noch irgendwie Gedanken und Sorgen um etwas anderes hätte machen können - wobei seine Katze natürlich eine Ausnahme war - trotzdem, es wirbelte ihm einfach alles durch den Kopf. Seine Schusswunde war etwas besser geworden, auch wenn er immernoch humpelte und sich nicht gerade selten irgendwo das Bein stieß, doch im Überspielen war er nie schlecht gewesen, weshalb es auch nicht immer offenlichtlich war. Mit einer Hand fuhr er sich etwas nervös durch die Haare, kramte schließlich sein Handy aus seiner Hosentasche und starrte eine ganze Weile auf das leere Nachrichtenfeld, ehe er eine SMS an Thalia schickte und seufzte. Wo er sonst so optimistisch war sah er momentan nichts wirklich positives an der ganzen Sache. Er wusste selbst nicht genau, was das beste wäre, allerdings handelte er einfach so, wie er es - für sich - als bestes glaubte. Und momentan siegte eben die Angst über die Gefühle.

cf: Dean Hills Wohung

Thalia hätte es nicht ausgehalten die lange Route mit der U-Bahn zu nehmen. Dafür war sie zu nervös und gespannt, was wohl so wichtig war, dass Charlie ernsthaft mit ihr reden wollte. Jedenfalls machte es den Anschein, dass er das wollte. Und das schmeckte ihr nicht so, denn es war wirklich nicht etwas alltägliches so etwas von Charlie zu hören. Die gesamte Fahrt zu seiner Wohnung hatte sie überlegt, was es wohl sein mochte, dass so wichtig war. Sie schauderte etwas. Es würde schon nicht so schlimm sein, versuchte sie sich erfolglos einzureden, denn ihr Bauchgefühl sagte etwas anderes. Als das Taxi vor Charlies Wohnung hielt, hatte sie sich schon so viele Szenarien ausgemalt, dass sie ganz nervös ausstieg und flüchtig den Fahrer bezahlte. Dann ging sie mit bedachten Schritten auf Charlies Haus zu. Wie unsicher sie doch war und wie sehr sie das doch hasste. Sie öffnete langsam die Tür zu seiner Wohnung. "Hey, ich bin da!", rief sie und ging ins Wohnzimmer.

Charlie hatte auf Thalia's SMS nicht geantwortet, einfach weil seiner Meinung nach keine Antwort mehr nötig war. Die ganze Zeit über saß er auf der Couch im Wohnzimmer, starrte vor sich hin und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, was jedoch nicht ganz klappte - und trotzdem, seine Entscheidung stand und wahrscheinlich würde so schnell nichtsmehr daran ändern, wie sehr er es auch wollte. Es war fast so, als hätte er keine Chance, gegen diese Bindungsangst vorzugehen, andererseits war es schon fast feige, das jedoch würde er sich wohl nie wirklich eingestehen. Also war es praktisch der einzige Ausweg, auch wenn diese Entscheidung etwas blind war, doch momentan sah Charlie einfach nur diese eine Möglichkeit. Beide Ellenbogen hatte er auf die Knie gestützt, die Hände vor dem Gesicht gefaltet und die Finger leicht an die Lippen gelegt, woran man eigentlich schon sehen konnte, wie er nachdachte. Mittens warf er einen Blick zu, als die Katze an ihm vorbei in die Küche lief und dort verschwand, anschließend glitt Charlie's besorgter Blick zurück an die gegenüberliegende Wand. Erst das Geräusch der Haustür und anschließend Thalia's Stimme rissen ihn schlussendlich aus den Gedanken. Er hob den Blick, als die 17-Jährige das Wohnzimmer betrat, wartete einen Moment, in dem sein Blick einfach nur auf ihr ruhte, ehe er sich aufrichtete und - wie die letzte Zeit nicht selten - das Gewicht auf das unverletzte Bein verlagerte. "Hey." meinte er leicht zögernd und senkte den Blick. Er wollte nicht unbedingt sehen, was seine Worte anrichteten, auch wenn es nur fair gewesen wäre - wobei man von Fairness sowieso nicht reden konnte, denn gerecht war seine Entscheidung für sie ja nicht wirklich. "Also... worüber ich reden wollte..." Wieder zögerte er, runzelte jedoch leicht die Stirn und biss sich kurz auf die Lippe, bevor er einatmete und einfach aussprach, was ihm die ganze Zeit durch den Kopf gegangen war. "Ich kann das nicht. Die Beziehung, ich kann das einfach nicht. Es liegt nicht an dir, wirklich..." sprach er schlussendlich aus und hob den Blick wieder, um ihr in die Augen zu sehen. Seine braunen Augen strahlten nicht die sonstige Wärme und Belustigung aus, wirkten eher bekümmert und traurig, was in Anbetracht der Tatsache, dass er all das beendete, ja auch kein Wunder war. "Ich bin einfach..." Anstatt seinen Satz zu beenden zuckte er fast deprimiert mit den Schultern, sein Blick glitt wieder in Richtung Boden, sodass er praktisch auf ihre Füße starrte. "Ich mache Schluss." Er schluckte und schloss den Mund wieder. Seine eigenen Worte versetzten ihm einen heftigen Stich, immerhin war es etwas anderes, es wirklich aus seinem eigenen Mund zu hören, als es sich nur zu denken. Es war einfach nicht real, mit der Person, die er gerade lernte zu lieben, einfach Schluss zu machen, doch so war er nun einmal und ob sich je etwas daran ändern würde, wusste er nicht, Gedanken machte er sich darüber jedoch auch keine.

Thalia sah zu wie Charlie aufstand und sein ernstes Gesicht verunsicherte sie. Es bestätigte das schlechte Gefühl in ihrem Bauch. Irgendwas stimmte nicht. Und als er dann sein Anliegen erklärte zeigte sie keine Gefühlsregung. Ihr Gesicht blieb starr. Sie biss die Zähne zusammen und sah ihn einfach nur an, bis er dann die unheilvollen Worte 'ich mache Schluss' aussprach. Sie sagte immer noch nichts. Stattdessen blinzelte sie einfach mehrmals um das Brennen der heißen Tränen in ihren Augen lindern. Sie öffnete langsam den Mund um etwas zu sagen, doch biss sich dann auf die Lippe und sah zu Boden. Wieso war das klar gewesen? Konnte sie nicht auch mal etwas schönes behalten, jetzt wo sie die Süße ihrer Beziehung zu Charlie erfahren hatte und auf den Geschmack gekommen war. Das war unfair. Genau jetzt wo sie Gefühle für Charlie entwickelt hatte, jetzt wo sie wirklich in ihn verliebt war. Genau jetzt wollte er es einfach beenden. "Es liegt nicht an mir...klar...", verletzt sah sie ihm in die braunen Augen, die sonst immer so fröhlich schauten und sie zum lachen brachten. Hätte er es denn noch klischeehafter formulieren können? Sie versuchte wieder ihre Sturheit an den Tag zu legen, doch scheiterte kläglich, als sie mit zittriger Stimme fragte: "Woran liegt es dann?" Sie war kein Mensch, der gerne Kompromisse einging, aber genau in diesem Moment hätte sie genau das gemacht um Charlie nicht zu verlieren. "Bitte sag es mir. Ich kann mich ändern, wenn es das ist was du willst." Sie blinzelte wieder einige Male um die verräterischen Tränen herunterzuschlucken. Zum Weinen war sie sich immer noch zu schade, doch sie wusste nicht wie lange sie das noch durchhalten konnte. Wieso kam das jetzt so plötzlich. Und wieso genau dann, wo sie es am wenigsten gebrauchen konnte.

Charlie konnte sich schon gut Thalia's Gesichtsausdruck denken, und das schon ohne sie überhaupt anzusehen. Trotzdem hob er den Blick nach einem Herzschlag der Stille, bereute es jedoch sofort wieder. Eigentlich schrie alles in ihm danach, sich ihr zu nähern, sie tröstend in den Arm zu nehmen und sie zu beruhigen, jedoch war seine Angst und dieser Wille, die sich nähernde Bindung zu unterbrechen, stärker als das ganze. Er nickte knapp, als sie seine Worte wiederholte, und entgegnete ihren Blick fest. Auf ihre Fragen hin schwieg er einen Moment lang und schluckte. "Ich... Kann es einfach nicht." meinte er erneut und zuckte mit den Schultern, das Gewicht verlagerte er erneut, wenn auch leicht unschlüssig. "Es liegt an mir, okay?" - Das es nicht einfach "okay" war, wusste er natürlich. Trotzdem, irgendwie hoffte er, Thalia nicht erklären zu müssen, dass er kein Bindungsmensch war, obwohl er eigentlich gute Qualitäten dafür hätte; denn Kontaktscheu war er keinesfalls. Trotzdem, solch ernste Sachen war er eigentlich seit der Trennung von Louna nicht mehr gewöhnt. "Tut mir leid..." murmelte er noch, ließ den Kopf etwas hängen und fuhr sich mit der Hand durch den Nacken. Wahrscheinlich würde er Thalia jetzt einfach das Gefühl geben, sie ausgenutzt zu haben, jedoch wusste er momentan kaum, was er dagegen hätte tun können. Ihr zu sagen, dass er sie liebte, schien ihm als recht unpassend - auch wenn es nicht gelogen wäre. Niemals hätte er gedacht, dass aus der zu Beginn recht lockeren Beziehung mal solche Gefühle hervorgehen würden, allerdings hatte er auch nicht wirklich an die Zukunft gedacht.

Thalia sah auf ihre Füße. Natürlich konnte er es ihr nicht sagen. Es lag an ihr und er wollte sie einfach loswerden. Aber wieso machte er dann auch so einen traurigen Eindruck. Sie ging alle möglichen Gründe für seine plötzliche Entscheidung die Beziehung zu beenden im Kopf durch. Was hatte sich denn zwischen ihnen geändert. "Ist es weil Louna jetzt da ist?", fragte sie, schon fast überzeugt, dass dies der Grund dafür war. Sie war hübsch, bestimmt intelligent und witzig. Und wohnte nicht bei ihrem Bruder, sondern hatte eine eigene Wohnung. Eigentlich hatte Thalia keine Minderwertigkeitskomplexe, doch in diesem Moment fühlte sie sich einfach furchtbar. Furchtbar unbedeutend und unselbstständig. Sie kniff die Lippen zusammen und dachte nur daran, dass sie Charlie nie gesagt hatte, was sie jetzt wirklich für ihn empfand. Nicht, dass es jetzt etwas ändern würde. Sie hob den Blick in seine Augen und konzentrierte sich auf das warme braun, dass sie sonst so faszinierte. Obwohl, das tat es jetzt auch. Es war kein Stück weniger faszinierend als sonst. "Charlie", begann sie leise, "ich..." Sie schluchzte. Nein, bitte nicht weinen. Sie spürte wie eine Träne ihre Wange herunter rollte. Sie drehte sich weg, denn sie wollte nicht, dass Charlie das sah. Es war zwar ohnehin zu spät dafür, aber darüber dachte sie nicht nach. Sie dachte eher an die zwei unausgesprochenen Worte, die so jäh von ihrem schluchzen unterbrochen worden waren. Vermutlich würde sie das nicht mehr loslassen, dass sie ihm nie gesagt hatte, was sie wirklich für ihn empfand, auch wenn es offensichtlich nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.

Den Blick hielt Charlie fest auf Thalia gerichtet, selbst als die Dunkelhaarige seinem auswich und auf den Boden starrte. Ihre Frage war berechtigt, trotzdem tat es weh zu wissen, dass sie nicht wusste, was er für sie empfand. Wären diese starken Gefühle nicht da hätte er wahrscheinlich noch nicht Schluss gemacht, immerhin hätte er dann keinen Grund zu befürchten, dass sich das ganze zu etwas ernstem, auf Gefühlen basierendem entwickeln würde. Leicht aber überzeugt schüttelte er den Kopf, auch wenn er nicht wusste, ob Thalia ihm auch nur ein Wort glauben würde. "Es hat nichts mit Louna zu tun." antwortete er und hoffte inständig, dass sie ihm glauben würde. Auch wenn er wusste oder glaubte zu wissen, dass Thalia ihm niemals verzeihen würde, vielleicht konnte er ihr es ja leichter machen. Auch wenn das irgendwie unlogisch war, immerhin war er es, der Schluss machte. Ihr Blick in seine Augen hinderte ihn daran, klar zu denken, bei ihren Worten schüttelte er nur wieder leicht den Kopf. Wieder senkte er den Blick, versuchte, das Schluchzen zu überhören, auch wenn er das nicht konnte. "Es geht nicht anders." sagte er fast niedergeschlagen, während er mit der Hand kurz die Augen und anschließend den Mund bedeckte, bevor er die Hand wieder sinken ließ. "Es tut mir leid..." wiederholte er erneut, doch als würde das etwas daran ändern. Seine Angst ließ nicht nur ihn, sondern auch sie leiden, noch dazu würde Thalia sich wahrscheinlich ungeliebt fühlen, wobei das das Gegenteil davon war, was Charlie empfand, auch wenn er im Moment lieber nichts fühlen würde. In seinen Augen konnte man deutlich erkennen, was er empfand. Nichts als Liebe, Schmerz und Reue, vermischt mit der Angst, die ihn zu solchen Dingen trieb.

Thalia verkrampfte sich ein Stück. Er meinte es wirklich ernst. Er wollte einfach Schluss machen und ihr nicht mal eine Begründung dafür liefern. Sie wusste nicht was mehr weh tat: Das Wissen Charlie zu verlieren oder der Glaube, dass es an ihr lag. Wie lange wollte er denn schon mit ihr Schluss machen? Plötzlich kam sich die siebzehnjährige unglaublich blöd und verletzlich vor. Sie drehte sich zu ihm. Hatte es wirklich nicht an ihr gelegen? Sie konnte die ganze Situation einfach nicht begreifen. Und sie war sich einfach so sicher gewesen, dass die Chemie zwischen ihnen gestimmt hatte. Und dass er das Gleiche für sie empfand wie sie für ihn. Sie konnte und wollte nicht einfach so gehen, doch würden ihre Worte überhaupt etwas an seinem Entschluss ändern? Vermutlich nicht. Aber Thalia wäre nicht Thalia, wenn sie sich so einfach geschlagen geben würde. Sie wollte einfach nicht wahrhaben, dass es das gewesen sein sollte. Ihr fehlte der Sinn der ganzen Sache. Sie fixierte ihren, nun Ex-Freund und überlegte was sie sagen sollte. "Ich dachte wirklich du empfindest das Gleiche für mich", gab sie zu. Ihre Stimme war belegt und sie zwang sich ihre Tränen herunterzuschlucken. "Ich war mir wirklich so sicher. Tu mir dann wenigstens den Gefallen und beweis mir dass es nicht so war." Ihr Gesicht war ausdruckslos, doch ihre Augen traurig. "Sieh mich an und sag mir, dass du mich nicht liebst. Dann weiß ich wenigstens, dass ich mich in dir geirrt habe." Egal was er jetzt sagte, es würde weh tun, doch sie nahm das in Kauf. Es fühlte sich ohnehin schon so an, als hätte er ihr Herz in den Fingern zerdrückt.

Thalia machte es Charlie nicht einfacher, auch wenn er insgeheim wusste, dass er nach dieser Aktion keine wirkliche Hilfe verdient hätte. Trotzdem, würde sie es einfach darauf schieben, dass er durch und durch ein Arschloch war, dann würde er wohl wissen, dass es ihr nicht allzu weh tat. Doch das war wirklich nicht der Fall. Sie schien ihn zu lieben, sowie er sie, jedoch hatte ihm jeder in der Vergangenheit eigentlich nur gezeigt, dass alles, was er bedingungslos liebte, wieder verschwand. Also war diese ganze Bindungsangst nichts anderes als ein Schutzmechanismus, was eigentlich ganz automatisch passierte und ihn schon fast betäubte. Bei Thalia's kühler Stimme zuckte er fast schon zusammen und zuckte mit dem Mundwinkel, ehe er sich fest auf die Lippe biss, bis diese fast schon anfing zu bluten. Bei ihrer anschließenden Forderung biss er schließlich noch fester zu, schüttelte knapp den Kopf und schluckte schließlich. Egal, wie diese Trennung auf sie wirken müsste - Lügen konnte er nicht. Auch wenn es vielleicht das beste wäre, er konnte es einfach nicht. Ihr die Liebe zu entziehen war eine Sache, ihr das Gefühl zu geben, ungeliebt zu sein, war dagegen etwas ganz anderes. "Ich..." fing er an, brach jedoch ab und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht. "Das kann ich nicht sagen." fügte er schließlich hinzu, den Blick fast beschämt gesenkt. Dass das ganze so extrem werden würde hätte er nicht gedacht. Natürlich hatte er es sich alles andere als leicht vorgestellt, einfach mit Thalia Schluss zu machen, jedoch hatte er nicht geglaubt, dass sich alle Gefühle und Gedanken widerspachen. Er liebte sie, machte allerdings Schluss. Er wollte ihr versichern, dass er sie liebte, konnte sie jedoch nicht küssen. Er wollte das beste für sich, brach Thalia allerdings das Herz, ohne ihr zu erklären, warum. Egoist. schoss ihm einen Moment lang durch den Kopf, gefolgt von Feigling. Einen Herzschlag lang schwieg er einfach, hob den Blick wieder und sah Thalia direkt an. "Thalia. Ich liebe dich wirklich, aber das geht einfach nicht." Fast zitternd stieß er die Luft aus, trat einen Schritt zur Seite und ließ sich auf die Couch sinken, das verletzte Bein streckte er wie üblich etwas aus. "Ich kann das nicht und du würdest sowieso nicht glücklich werden."

Es tat Thalia noch mehr weh zu hören, dass er sie liebte und jetzt einfach rausschmiss, als zu glauben, dass er es schlichtweg nicht mehr tat und sie deshalb loswerden wollte. Sie konnte es einfach nicht verstehen. Und wieso wollte er es ihr nicht erklären? Sie ignorierte die Tränen, die ihr links und rechts die Wangen runterliefen als sie Charlie anblickte und sagte: "Du weißt doch gar nicht was mich glücklich machen würde. Und anscheinend interessiert es dich auch nicht." Sie drehte sich um und sah eine Weile nur zur Tür. Wenn sie jetzt ging würde sie vermutlich nicht mehr hierhin zurückkehren. Höchstwahrscheinlich nicht. Aber wenn sie noch länger blieb würde sie noch zusammenbrechen. Eigentlich wollte sie sich nur irgendwo verkriechen und sich ausheulen. Am besten ging sie zu Elijah der konnte ihr stundenlang zuhören und seine Anwesenheit würde sie trösten. Doch sie konnte sich einfach nicht überwinden durch die Tür zu gehen. "Ich werd dann wohl gehen...", murmelte sie gerade laut genug, dass Charlie es hören konnte, doch sie bewegte sich keinen Millimeter.

Charlie stieß fast stoßartig die Luft aus, als Thalia wieder die Stimme hob und ihn anblickte. Es war einfach nicht fair von ihm und das wusste er, immerhin hieß das ja auch eigentlich, dass er ihr nicht vertraute, jedoch hinterließ die Vergangenheit nunmal Narben und diese konnte man nicht einfach ignorieren. Zwar war seine Vorgeschichte keine wirklich mitreissende oder traurige, immerhin hatte er nie etwas besonders traumatisierendes erlebt, trotzdem hatten die ständigen Umzüge - und die Sache mit Louna - ihn eben geprägt und er konnte diese Reaktionen einfach nicht unterdrücken. Und leider hatte Thalia irgendwie recht. Im Moment war das wichtigste für ihn, sich zu distanzieren, egal was für Maßnahmen es forderte und egal wie stark seine wachsende Liebe zu ihr war. Dennoch schüttelte er leicht den Kopf bei ihren Worten, schwieg allerdings einfach, bis die Dunkelhaarige erneut die Stimme hob. Wieder dauernde es ein paar Herzschläge, bis Charlie sich praktisch selbst überredet hatte, ihr zu antworten - nicht, dass er es in Betracht zog, sie einfach zu ignorieren, trotzdem musste er sich noch leicht überwinden, nicht zu ihr zu gehen, sie in den Arm zu nehmen oder zu küssen. Distanz, auch wenn irgendwie die Hälfte seines Verstandes dagegen sprach. Die gefühlvolle Seite schrie, die egoistische Dagegen erstickte das Schreien einfach mit Ängsten. "Es tut mir leid." sagte er noch mit trockenem Mund, ehe er die Ellenbogen auf die Knie stützte und die Hände in den Haaren vergrub. Es war einfach alles so real, dass es ihm die Luft nahm. Diesmal war er es gewesen, der jemanden von sich gestoßen hatte. Er hatte die Gefühle einer ihm sehr wichtigen Person verletzt, und das fühlte sich keinesfalls gut an. Es war einfach ein Gefühl der Leere und fast noch schlimmer als von jemand anderem gesagt zu bekommen, es sei Schluss.

Erneut schossen Thalia heiße Tränen in die Augen und ihr Körper begann zu zittern. Sie biss sich einige Sekunden lang auf die Lippe, als würde sie damit den anderen Schmerz, den Schmerz der von ihrem Herz verursacht wurde, auszublenden. Doch es klappte nicht. Sie wischte sich mit dem Handrücken über eine Wange und sah die Wand an, bis Charlie sich wieder zu Wort meldete. Er entschuldigte sich. Er entschuldigte sich... Sie riss den kopf herum um ihn wieder anzusehen. "Muss wirklich jeder, der mir was bedeutet aus meinem Leben verschwinden?", fragte sie rhetorisch. Ganz die Wahrheit war das ja nicht. Schließlich hatte sie noch Dean und Elijah, aber so fühlte es sich im Moment an. Mit vor Tränen blinden Augen murmelte sie: "Mach's gut, Charlie." Und ging mit schnellen Schritten zur Tür. Als sie die Luft New Yorks in ihre Lungen sog und aus dem Haus war, knallte sie die Tür hinter sich zu und lehnte sich einen Moment dagegen um sich zu sammeln - bis sie erneut in Tränen ausbrach. Sie hastete zur Straße und dann zur U-Bahn. Sie wollte jetzt nur noch zu Elijah.

tbc: Elijah Castells Unterkunft

Thalia's Frage schien berechtigt, allerdings war es eigentlich genau das, was Charlie auch im Kopf herum schwirrte. Natürlich, er war der, der Schluss machte und sie aus seinem Leben praktisch entfernte, jedoch hatte er damit nur dafür gesorgt, dass sie es nicht tun konnte. Und das nicht, weil er lieber prahlte, dass wenige mit ihm Schluss gemacht hatten, sondern einfach, weil er es nicht ertragen konnte oder zu oft durchgemacht hatte. Mit Louna, den Leuten, die er kennengelernt hatte, bevor er umgezogen war... Nur Naya blieb, und Mittens natürlich. Wobei seine Katze ja ein anderes Kapitel war, denn das war ja schon fast eine Besessenheit, an der er allerdings nie etwas ändern würde. Er verabschiedete sich nicht, zuckte nur bei ihren Worten zusammen, wagte es allerdings nicht, sie unzusehen. Es würde ihm wohl zu weh tun, den Schmerz in ihren Augen zu sehen und zu wissen, dass er Schuld daran war. Alleine ihre Stimme klang schon recht kühl, nicht so warm wie er es gewohnt war. Er stieß die Luft aus, als die Tür ins Schloss fiel und praktisch das Ende besiegelte. So schnell hatte er also die wachsende Liebe zu der Dunkelhaarigen unterbrochen, ganz zu schweigen davon, dass er ihr erst gesagt hatte, dass er sie liebte, als er Schluss gemacht hatte. Wieder fuhr er sich mit den Händen durch die Haare und anschließend durchs Gesicht, das Zittern versuchte er zu unterdrücken. Das wäre jetzt nicht der passende Zeitpunkt... Doch momentan schien alles über ihm einzubrechen. Zuerst schoss Naya ihn an und machte sich ewig Vorwürfe, dann tauchte Louna mit einer Menge Erinnerungen auf und jetzt hatte er Thalia noch das Herz gebrochen und seines dazu. Wie sollte er da schon Kontrolle bewahren? Fast automatisch tippte er eine SMS an Naya, einfach weil er sich nicht gerade wohl fühlte und sein Herz schon heftig klopfen hören konnte. Auf die Rechtschreibfehler achtete er nicht, dazu mangelte es ihm einfach an Konzentration. Auch wenn er es verstehen könnte, wenn Naya keine Zeit hätte, jetzt zu ihm zu kommen - er hoffte es inständig.

cf: Throgs Neck Bridge [Verhandlungsgebiet]

Es hatte nicht besonders lange gedauert, dann war Naya auch schon da. Ihr Fahrstil war einfach bombensicher und viel zu schnell, denn eigentlich war es schon ziemlich unrealistisch so durch den Großstadtstau zu kommen. Aber genauer wollte sie darauf lieber nicht eingehen. Sagen wir einfach, sie hatte den Leader-Bonus. Diesmal hatte sie aber sogar noch ein Stück mehr Gas gegeben als sonst, denn seine SMS hatte sie wirklich beunruhigt. Schon alleine diese Rechtschreibung. Hoffentlich war aber zumindest jetzt noch nichts ernsthaftes passiert. Natürlich dachte sie sofort an seine Panikattacken. Oder was wäre, wenn etwas mit seiner Wunde passier war? Klar, er war ein Krankenpfleger, er wusste wie man damit umgehen musste, aber es wäre trotzdem zumindest indirekt ihre Schuld gewesen. "Ach shit.", fluchte sie leise in sich hinein, ehe sie schnell ausstieg und ihr Auto absperrte. Kurz sah sie sich um, wusste aber nicht wirklich nach was. Ein paar Leute standen zwar herum oder gingen, aber ansonsten war nichts auffälliges. Naya schüttelte ihren Kopf. Sie sollte jetzt nicht in Gedanken schwelgen, dazu hatte sie auch noch später Zeit. Sie machte sich also sofort zu der Tür der Wohnung auf in der sie auch einmal gewohnt hatte. Ihre Mine war ernst und besorgt, aber zumindest für die meisten, die nicht genau hinsahen oder sich nicht genau hinzusehen trauten, wirkte sie sowieso noch immer einfach nur abweisend. Was aber gar nicht so schlecht war, denn es musste ja nicht jeder wissen, dass sie so etwas wie Gefühle hatte. Sie atmtete also einfach tief aus und läutete dann an der Tür. "Komm schon, mach auf.", murmelte sie und tippte sich nervös mit dem Finger gegen das Bein. Wenn es um Charlie ging konnte sie schon mal temporäres ADHS entwickeln, vor allem, wenn er solche Sachen schrieb. Einige Male sah sie sich um und fragte sich, ob Thalia wohl bei ihm war. Obwohl, warum sollte er ihr dann schreiben? Andererseits hatte seine Nachricht aber auch komisch gewirkt. Gott, hoffentlich mache ich mir wirklich nur umsonst Sorgen., schoss es ihr durch den Kopf und sie biss sich leicht auf die Unterlippe. Keinen Moment dachte sie auch nur an etwas anderes, als an ihren besten Freund. Vergessen war sogar ihr persönlicher Triumpf über Zachary von dem sie ihm eigentlich noch erzählen wollte, aber das ging jetzt wohl schlecht. Später vielleicht. Aber wenn sie noch nervöser wurde, dann würde sie vermutlich die Tür eintreten. Wenn das überhaupt nötig war. Einen Schlüssel hatte sie ja sowieso. Dafür war das andere dramatischer und daher ihrer Stimmung nach angemessen.

Die aufwachsende Panik und vorallem die Unruhe machten Charlie noch nervöser, vermischt mit der Sorge um Thalia, still sitzen war also so gut wie unmöglich. Wie nicht selten in solchen Situationen hatte er die Arme verschränkt und die Hände so eingeklemmt, um das Zittern zu unterdrücken, was aber schwieriger war als gedacht, außerdem fingen auch seine Knie an, langsam weich zu werden - wozu das führen würde, war ihm bewusst, auch wenn er es nicht wirklich wahr haben wollte. Natürlich, die Panikstörung war ein Teil von ihm und er konnte nichts dagegen tun, abgefunden hatte er sich damit auch schon, auch wenn er es nicht wirklich in dem Sinne akzeptierte. Es war einfach lästig und eine Schwäche, außerdem war es fast so, als wäre er in der Panik nicht er selbst, auch wenn er es diesmal komischerweise seltsam lang unterdrücken konnte. Naya's SMS hatte er gelesen, hatte allerdings nicht zurück geschrieben und sein Handy einfach auf die Couch fallen lassen. Mit ungleichmäßigen Schritten ging er zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her, auch wenn er sich besser hingesetzt hatte, da sein ohnehin verletztes Bein zusammen mit den aufgeweichten Knien und mangelnder Muskelkontrolle nicht gerade sehr sicher waren, also war es eigentlich klar gewesen, dass er sich irgendwo stoßen musste - was auch geschah. Der Schmerz setzte fast direkt über der Schusswunde ein, wo er gegen die Kante der Arbeitsplatte gelaufen war, und schoss fast direkt sein gesamtes Bein hinauf. Aufgebracht zischte er, bevor er ein nicht gerade leises "Merda!" ausstieß und sein Bein festhielt. Die Lust, die Verletzung jetzt noch die ganze Zeit pochen zu spüren hatte er nicht, außerdem wollte er Naya nicht wirklich zumuten, noch einmal daran erinnert zu werden, die Lösung lag also auf der Hand; Schmerztabletten. Auch wenn er diese nicht besonders mochte. Trotzdem, sein Bein spürte er danach kaum noch, aber alles andere war auch schon irgendwie in Vergessenheit geraten, während die Panik in ihm immerhin irgendwie wuchs und wuchs, was er selbst aber irgendwie verdrängte. Wie viel Zeit verging, bis es an der Tür klingelte, wusste er nicht, allerdings hatte es bestimmt nicht lange gedauert - trotzdem hatte er schon fast wieder vergessen, warum und vorallem wer überhaupt klingelte. Er ließ sich Zeit, bevor er sich von der Arbeitsplatte in der Küche abstieß und in den Flur ging, was aber eher eine Mischung zwischen Schleppen und humpeln war. Recht schwungvoll öffnete er die Tür, kniff die geröteten Augen zusammen und sah Naya direkt ins Gesicht. "Ich weiß du bist nur hier, weil du mit mir ficken willst." meinte er direkt, ohne auch nur darüber nachzudenken. Ob es nun wegen den Schmerzmitteln oder einfach wegen seiner Art war... Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem. Sein Humor verschwand eben nie, trotzdem, richtig überlegt hatte er auch nicht wirklich. Er runzelte leicht die Stirn, bevor er kurz grinste, sich allerdings wieder schnell konzentrierte. Worauf war recht offensichtlich. Seine Hände zitterten, selbst als er die Tür festhielt, seine Augen waren getrübt von Trauer und gleichzeitig voller Belustigung. Kurz lehnte er den Kopf seitlich an die Tür, den Blick der braunen Augen weiterhin auf Naya gerichtet, bevor er einen Schritt zurück trat und wieder die Arme verschränkte und seine Hände so einklemmte. Ein kurzes "Hah." war alles, was er noch hinzu fügte.

Mit so einer Begrüßung hatte sie dann auch wieder nicht gerechnet. Sie zog beide Augenbrauen in die Höhe und schüttelte dann ihren Kopf. Dann scannte sie ihn von oben bis unten ab. Er sah wirklich nicht gut aus und dieses Zittern wirkte wirklich beunruhigend. Aber auch diese geröteten Augen sah gar nicht gut aus. Trotzdem grummelte sie ihm ein "Du hast Glück, dass ich dich nicht dafür verprügle." zu und verdrehte ihre Augen. Obwohl Naya es natürlich schon gewöhnt war. Er machte meistens noch Scherze, wenn sie es schon längst viel zu ernst sah. Aber diesmal schien ihre Sorge wirklich gerechtfertigt zu sein, davon abgesehen, dass dieser Spruch sie einfach nur etwas reizte. Und vielleicht fand sie es auch ein kleines bisschen lustig, aber dafür hatte sie jetzt keine Zeit. Sofort trat sie nämlich in die Wohnung hinein und schloss die Tür leicht harsch hinter sich. Dann ließ sie ihre Tasche fallen und packte ihn möglichst sanft an den Schultern, um ihm tief in die Augen sehen zu können. Dann runzelte sie die Stirn und legte ihren Kopf leicht schief. Er wirkte beinahe etwas benommen, wenn man genauer hinsah. Deshalb warf sie ihm auch einen ernsten Blick zu und musterte ihn noch einmal gründlich. "Hast du etwas genommen? Ist etwas passiert? Bist du verletzt?", fragte sie sofort los und versuchte irgendwo in seinen normalerweise viel glänzenderen Augen die Antwort zu finden. Es konnte auf keinen Fall nur seine Schusswunde sein, nein, da war mehr. Auf jeden Fall könnte er nahe einer Panikattacke sein, aber was hatte er sonst denn noch für einen Stress? Wenn das eine schließlich der Fall war, konnte sie ihn immer noch beruhigen. Sie kniff ihre Augen leicht zusammen. "Oh Gott setz dich lieber hin.", meinte sie und festigte ihren Griff etwas. Sie konnte ihn zwar auffangen, aber es war ihr lieber, wenn er im Sitzen umkippte, als im Stehen. Man konnte bei ihm ja aber auch nie so genau wissen, noch nicht einmal mit dem ohnmächtig werden. "Soll ich dir etwas holen?", schoss ihr ihre Frage laut heraus, die ihr grade so durch den Kopf ging. Es machte sie einfach unglaublich nervös ihn so zu sehen, denn so konnte sie einfach nicht wissen was los war. Und nach all diesen Jahre konnte man doch eigentlich von ihr erwarten, dass sie es sofort wusste. Aber wenn er ihr nicht alles erzählte, konnte sie es auch nicht wissen. Auch wenn Naya glaubte, dass es wenn dann erst jetzt passiert war. Das, was auch immer diese Situation hervorgerufen hatte. Gott, wenn das die Schuld von auch nur irgendjemand außer ihm selbst war, dann würde sie diesen erwürgen. Wobei ihr ehrlich gesagt niemand einfallen würde, der so etwas tun würde. Vielleicht lag es aber wirklich nur an der Wunde und der sich langsam nähernden Panikattacke. Wobei sie noch immer hoffte, dass ihr und ihm diese erspart blieb. So wie er nämlich im Moment wirkte konnte er wirklich gut darauf verzichten.